Die Arbeitswelt im Wandel…

…oder: Wie viele Firmen auf einmal merken, dass Homeoffice gar nicht so schlecht ist.

Kennst Du noch, dieses Gefühl jeden Morgen früh um Punkt acht Uhr in das Büro zu kommen, allen Kollegen ein müdes „Morgen“ entgegenzumurmeln, um sich dann an den viel zu kleinen Schreibtisch zu setzen? Was klingt, wie in einer Folge von „The Office“ war für tausende Arbeitnehmer bis vor Monaten tägliche Routine. Allein der Gang in die überfüllten Züge war jeden Morgen eine Überwindung der eigenen Ekelgrenze. Ein Hoch darauf, wenn man mit dem Auto fahren konnte – oder doch nicht, wegen der Umwelt?

Einige von Euch werden mir sicher zustimmen, dass allein die Frage nach dem „Was ziehe ich an? Es könnte ja regnen!“ den Morgen nicht gerade erträglicher gemacht hat. Da half es auch nicht, die Klamotten einen Abend vorher zu suchen. Natürlich müssen die Kinder pünktlich in der Schule sein und der Hund will auch mal raus – all dies war Teil der morgendlichen Routine, bevor man sich Richtung Arbeit bewegte.

Auf einmal war alles anders

Es war Mitte März, als in Deutschland der Lockdown begann. Ich hatte insofern Glück, als ich vorher noch ein paar Tage im Urlaub ausspannen konnte. Dennoch kam für viele dieser Schnitt ohne Vorwarnung. Auf einmal war das Familienleben, aber auch das Leben ohne Kinder, schwieriger in der Organisation. Etliche Menschen wurden in Kurzarbeit geschickt oder wurden ganz gekündigt. Viele mussten sich daran gewöhnen daheim zu arbeiten. Das „Videocall“ Bullshit Bingo war geboren. Der Satz „Sorry, meine Kamera geht nicht“ wurde so alltäglich, wie das „Guten Morgen“. Viele Chefs waren von Homeoffice gar nicht überzeugt und einige Firmen, so wurde mir im Freundeskreis erzählt, reagierten erst sehr spät, als der Chef selbst von den Auswirkungen der Kitaschließungen betroffen war. Mein Arbeitgeber ließ mich gar nicht mehr aus dem Urlaub zurück ins Büro und losging die wilde Fahrt durch das eigenverantwortliche Arbeiten von zu Hause.

Ich bin zwar noch nicht in der Situation neben dem Homeoffice auch noch Homeschooling zu betreiben, dennoch haben mir die Wochen daheim einiges gezeigt.

Arbeiten im Zug – auch schon vor Corona gängige Praxis

Von Lagerkoller und „Hast Du schon Tool XY installiert?“…

Seit nun knapp drei Monaten sitze ich zu Hause und gehe meiner täglichen Arbeit nach. Ich habe lange gebraucht den Lagerkoller zu überwinden, denn nach des erwähnten Urlaubes begaben wir uns zu Hause in freiwillige Quarantäne. Am meisten macht mir die Tatsache zu schaffen, dass ich Tage habe, an denen ich kaum vor die Tür gehe. Nicht, weil ich nicht will, sondern weil ich es in der Tat kaum schaffe. Es gibt Tage, an denen ist viel zu tun auf Arbeit und nach Feierabend bin ich einfach froh, nicht mehr unterwegs sein zu müssen.

Aber solche Tage können einen auch fertig machen, da muss jeder auf sich aufpassen. Meine Lösung ist mittlerweile die Arbeit an der frischen Luft. Morgen werde ich auch mal mit einem Freund eine „Arbeits-WG“ probieren. Wir sitzen dann im selben Raum, aber beide Arbeiten für sich. Dennoch kompensiert dies einfach die soziale Komponente, die durch das Homeoffice fehlt. Zwar sitze ich oft im Videocall und auch im täglichen Teammeeting, aber einen direkten Kontakt kann das einfach nicht ersetzen.

Was ich in der Zeit im Homeoffice wieder einmal gemerkt habe ist, dass ich ein totaler Fan von offenen Standards im Internet bin. Nehmen wir als Beispiel die E-Mail. Jeder kann die Software und den Anbieter nutzen, den er möchte und dennoch kann man mit allen anderen Nutzern kommunizieren. Im Fall von Videocalls und Konferenzen war dies leider anders. Mittlerweile habe ich unzählige Tools dafür auf dem Rechner. Angefangen bei Zoom, Microsoft Teams, WebEx, WebEx Teams, bis zu TeamViewer und Skype. Google Meet gibt es übrigens auch noch und läuft unabhängig von Google Hangouts. Dann haben wir auch noch Jitsie Meet und BigBlueButton, wobei ich bei Letzteren sagen muss, dass ich das bis dato nicht kannte und zu gerne wissen würde, wo das auf einmal herkam.

Diese Toolvielfalt ist schlecht, denn sie verhindert ein einfaches Zusammenarbeiten im Team. Aber über dieses Thema habe ich mich ja schon des öfteres hier ausgelassen.

Worüber ich mir anfangs weniger Gedanken machte, war das Thema Gesundheit. Normalerweise bin ich zweimal die Woche zum Sport oder bin wenigstens laufen gegangen. Anfangs ging das im Lockdown auch noch gut, bis der Lagerkoller kam. Aber an dem Punkt muss jeder den inneren Schweinehund überwinden. Gerade jetzt, wo wir den ganzen Tag daheim hocken, brauchen wir Abwechselung und Ausgleich. Und der Ausgleich ist eben nicht die Couch im Zimmer nebenan, sondern die Natur. Entgegen der „Meinung“ von etlichem Menschen in diesem Lande, sind wir während des Lockdowns in Deutschland nicht eingesperrt und dürfen zur sportlichen Betätigung das Haus verlassen. (Hier variieren die Regelungen von Bundesland zu Bundesland, dennoch ist mir keine Regelung bekannt, die individuellen Sport an der Luft verboten hat.).

Egal ob in den Bergen, oder im heimischen Garten. Wo es der Job zulässt, kann man überall arbeiten.

Was können wir lernen?

Die wohl größte Lektion geht an alle Chefs und Manager: Vertraut Euren Angestellten und gebt Ihnen mehr Freiheiten! Die Möglichkeit von überall aus zu arbeiten, sofern es der Job zulässt, und die Zeit sich frei einzuteilen ist in der heutigen Gesellschaft sehr viel Wert und kann sogar das Überspringen einer Lohnrunde gleichgesetzt werden. Siehst Du das Artikelbild oben im Header? Diesen Artikel schreibe ich grade mit dieser Aussicht über meine Heimatstadt Erfurt. Ich sitze im Garten und genieße die Sonne. Das kann mir kein Büro geben. Zwar will ich auch nicht auf das Büro verzichten, aber ich hätte gern die Möglichkeit das Verhältnis zwischen Bürotagen und Gartentagen selbst zu setzen.

Eine weitere Lektion geht an die Softwarehersteller: Verwendet offene Standards. Was bringen Euch tausende Nutzer, die nur einmal Euer Konferenztool installieren und dann nie wieder nutzen? Implementiert die Möglichkeit, dass jeder mit Eurer Software arbeiten kann. Der Hersteller, der hier den ersten Schritt macht, würde Geschichte schreiben.