Kommentar: Einmal durch die Hölle: Windows-Apps. Oder?

Ich mag Windows 10 und mochte sogar Windows 8.1, lege mich mit Leuten an, die mir versichern wollen, dass Google Docs im Gegensatz zu Office ein super Produkt sei usw. Umso schmerzlicher ist das Ganze, wenn bei jedem Review eines Windows-Phones festgestellt wird, dass es kaum Apps gibt. Und trotzdem möchte ich auf diese Plattform von Android aus wechseln. Als Appautor. Na, ob das klappen kann? Gucken wir uns doch einfach mal an, wie viele Apps es mit welcher Qualität im Windows Store wirklich gibt.

App, Desktop-App oder Webseite? – Das ist hier die Frage.

Ich selber benutze (noch) kein Windows-Smartphone und gehe daher erst einmal von der Seite des Desktops an die Problematik ran. Was ist denn eigentlich der Vorteil daran, eine App anstelle der Webseite zu benutzen? Für mich haben sich hier drei Vorteile herausgebildet: Die App benutzt das Notification Center von Windows 10, was Google Chrome übrigens sicherlich auch tun könnte, darauf aber angeblich wegen der Neuheit des Info-Centers in Windows und der einheitlichen Benutzerführung verzichtet hat. Auf die Begründung für das fehlende Einbinden in das Macintosh-System aus Cupertino, wo ein Notification Center schon seit Jahren vorhanden ist, warten wir alle noch ganz gespannt. Aber geschenkt, denn es gibt ja noch weitere Gründe, Windows Apps anstelle der Webseiten zu benutzen: Die Apps sind an die Designsprache von Windows 10 angepasst, sie sind touchoptimiert und sie lassen sich an das Startmenü anpinnen und so die Vorteile einer Live-Kachel nutzen. Nun gut: Klingt ja alles nicht schlecht, oder? Auf der anderen Seite stehen allerdings längere Ladezeiten der Apps und allem voran die von allen prophezeite App-Lücke. Geradezu gebetsmühlenartig kommt es aus den Mündern der Android-/iOS-/Linux- oder sogar Macintosh-Nutzern: „Für Windows gibt es doch gar keine Apps!“

Microsoft-Ersatz, Drittanbieter usw. – Was wollen eigentlich alle?

Grund genug sich einmal einem Selbstexperiment zu unterziehen: Ich suche mir die Original-Apps und auch Drittanbieter-Apps für Webseiten, die ich normalerweise besuche, für Dienste, die ich benutze und für Android-Apps, die in meinem täglichen Workflow zum Einsatz kommen. Und siehe da: Meine Windows 10 Taskleiste ist voll mit praktischen Apps bis auf ein paar Ausnahmen. Um tatsächlich mal einen Eindruck zu kriegen, welche Apps ich mindestens einmal in der Woche nutze: Mail, Twitter, Facebook, Facebook Messenger, Wunderlist, OneNote, Trello und Karten. Klingt nicht nach viel? Stimmt, aber wenn man das Nutzverhalten von seinen Anwendungen untersucht, kommt man zu dem Schluss, viele Apps einfach nicht zu benutzen. Ein Phänomen, dass sich ja auch das Nextbit Robin zu Nutze macht. Welche wichtigen Programme sind jetzt aber nicht als App mit an Bord? Das wäre Google Chrome mit seinen ganzen praktischen Erweiterungen, Youtube, Google Maps, WhatsApp, Slack und Office. Hierbei merkt man auch gleich, woran es mangelt: Google Apps – auf einem Smartphone geradezu essenziell. Nun ist es aber nicht so, dass es nicht auch hochqualitativen Ersatz gibt, oder? Naja. Sagen wir es mal so: Microsoft Edge kann Chrome (bis jetzt) nicht das Wasser reichen. Mit den mit dem Anniversary Update eingeführten Erweiterungen könnte sich das allerdings wieder ändern. Der Verlust von Youtube wird in meinen Augen immer überdramatisiert. Interessanterweise gibt es viele Apps, die als Client für Youtube dienen. Also picken wir uns einfach mal eine x-beliebige raus: Explorer for Youtube, und ich bin begeistert. Youtube hat selten so viel Spaß gemacht auf dem Windows-Desktop wie mit dieser App. Sie vereint die Übersichtlichkeit  der Webseite, die Bedienungsmöglichkeiten eines Smartphones (z. B. Suchen, während ein Video gestreamt wird) mit einem wundervoll angepassten Design. Durch diverse Extra-Features wie dem direkten (laut AGB von Youtube illegalen) Herunterladen der Videos ist die App ehrlich gesagt um Längen besser als die offizielle Webseite von Youtube und auch den Android- und IOS-Apps kann sie völlig das Wasser reichen. Ein Review findet Ihr hier. Für alle anderen eben genannten Services gibt es nützlichen Ersatz wie die Webapp von WhatsApp, die man praktischerweise auch einfach mal in den Facebook Messenger integrieren könnte, die Slack Desktop App, die auch das Notification Center von Windows 10 ansteuert und Office bleibt glücklicherweise Office.

 

Probleme: Windows 8 Design, Funktionalität, fehlende Apps

Ihr seht: Ich bin begeistert. Ich habe es geschafft, fast jede Webseite auf eine App umzustellen: Na klar gibt es manchmal Probleme wie bei der inoffiziellen Trello-App, weil sie eigentlich eine gewrappte Webversion des Dienstes ist, aber sich meist problemlos bedienen lassen. Darüber hinaus sind einige Apps auch noch auf dem Stand von Windows 8, das mit dem seitlichen Bedienkonzept unterschiedlich zum Bedienkonzept von Windows 10 ist. Einige Apps besitzen zudem auch weniger Funktionen als die Schwesterapps auf den anderen Plattformen. Aber das größte Problem bleibt: fehlende Apps. Ganz klar, es gibt nicht wie bei iOS oder Android für alles Mögliche eine App für jeden erdenklichen Zweck. Die wirkliche Frage ist, ob wir das Ganze brauchen. Auf meinem Android-Smartphone schlummern sicherlich über 50 Apps, die ich schlichtweg einfach nicht nutze und so keinem etwas nützen. Dies ist kein Aufruf, sich einfach mal mit weniger zufrieden zu geben. In dem App-System herrschen Lücken, keine Frage, aber wenn man mit den Grundapps zufrieden ist, und nicht der fünfzigsten Mail- oder Taschenlampen-App hinterhertrauert, dann ist man bei Windows-Desktop gut aufgehoben. Zu behaupten, dass es für Windows kaum Apps gibt , ohne es jemals selber getestet zu haben, zeugt eher davon, dass einem die Möglichkeit fehlt, sich eine eigene Meinung zu bilden, denn schnell fällt einem auf, dass die immer heraufbeschworene katastrophale App-Lücke gar nicht so riesig ist.

Und doch hängt es letztlich an den Phones…

Aber jetzt haben wir die ganze Zeit über den Windows-Desktop gesprochen und nie über das Phone: das Betriebssystem, wo die Apps noch essenzieller sind als auf dem Desktop. Hier hat man nicht die Möglichkeit, einfach auf Google Chrome und Co. auszuweichen. Das stimmt. Viele bis fast alle der oben genannten Apps existieren auch für Windows Mobile. Für einige von den fehlenden Apps wie Slack gibt es sogar eine richtige App. Im Grunde genommen muss man mit sich selber ausmachen, ob man bereit ist, von Google-Services, die oftmals das Herz der Apps eines jeden Android-Nutzers darstellen, auf oft gleichwertige Microsoft-Produkte umzusatteln. Durch das andere Angebot an Apps lassen sich die Applücken auch so schwer vergleichen. Auch hier geht Probieren über Studieren (oder einfach über das Nachquatschen von anderen Leuten) und sich einfach mal aufzuraffen, sich im Technikladen seines Vertrauens das System anzuschauen und im Store online zu recherchieren, ob  die so schmerzlich benötigten Apps verfügbar sind. Besonders die Continuum-Funktion bietet das Potenzial, die Art und Weise, wie wir Smartphones benutzen, mit Hilfe der Apps zu revolutionieren.